Engelbert Fink im Gespräch mit Lorenz Schimpfössl

Ich habe bei deinen Ausstellungen beobachtet, daß deine Objekte die Betrachter dazu reizen, sie zu "begreifen", daran zu zupfen, mit dem Finger zu testen bzw. dazwischen durchzugehen. Stört dich das eigentlich ?
Nein, das stört mich überhaupt nicht. Im Gegenteil, es gefällt mir sogar sehr. Für mich ist diese sinnliche Wahrnehmung, dieses Durchgehen, Herumgehen, Beriechen und Befühlen ein Wesenszug der Bildhauerei.

Bei vielen deiner Arbeiten sind deine Recherchen bis in wissenschaftliche Fragestellungen gegangen. Wie verträgt sich diese Wissenschaftlichkeit mit der unmittelbaren Sinnlichkeit deiner Arbeiten? Ist das nicht ein Widerspruch ?
Deine Frage klingt, als ob Wissenschaftlichkeit und ein In Frage Stellen, eine Sinnlichkeit ausschließen. Mir macht dieses Fragen und Entdecken sehr viel Spaß. Es geht darum, diesen Punkt zu erkennen, an dem die Sinnlichkeit einer Arbeit am intensivsten ist und der Arbeit am meisten entspricht.

Auffällig sind für mich die gegensätzlichen Formen deiner Arbeiten. Einerseits gibt es naturalistische, organische , weiche Formen, andererseits geometrische, kristalline Gebilde. Sind das nicht sehr verschiedene Welten ?
Nein, überhaupt nicht! Es sind für mich nur verschiedene Möglichkeiten, um eine Intention der Arbeit festzulegen. Das eine muß das andere nicht ausschließen. Für mich ist das bei der Wasserarbeit oder der Arbeit mit dem Schafherz deutlich zu sehen.

Deine Arbeiten bestehen aus Beton, Latex, Eisengestänge, Glas, Federn, Wasser, usw. Klassische Bildhauermaterialien scheinst du eher zu meiden. Welche Rolle spielt die Materialität für deine Arbeiten ?
Eine relativ große. Für mich steht der Inhalt einer Arbeit im Vordergrund und dann suche ich das Material, das für die Arbeit stimmig ist. Wenn ich eine Skulptur machen wollte, bei der es wichtig ist, sie in Stein zu machen, würde ich in Stein arbeiten. Ich empfinde es immer als eine Herausforderung, mit einem neuen Material zu arbeiten, es zu entdecken und seine Grenzen festzustellen.

Ich habe bei keiner deiner Arbeiten den Eindruck, daß sie nur die Lösung eines formalen Problems darstellen. Wasser, Bewegung, Entstehen einer Form durch den Verlust der Form - z.B. bei den Köpfen - spielen bei deinen Arbeiten eine wesentliche Rolle.Welche Bedeutung haben Bewegung und Veränderung für dich?
Verlust der Form.... Ja dieses Umkehren von Form, die Umstülpung, das Innen und Außen, sind Inhalte die immer wieder kommen. An der Dimension der Bewegung interessiert mich die körperliche Erlebnisfähigkeit, die Dynamik und die Grenzerfahrungen, die ich sowohl aus künstlerischen Arbeitsprozessen als auch durch meine eigenen Erfahrungen aus dem Leistungssport kenne. Interessant ist auch das Zeitliche der Bewegung, das Fließen, das Fortschreiten, die Veränderung.

Ist es nur mein Eindruck, daß deine Arbeiten mit ihren rohen Materialien und zarten Farbtönen eine ruhige, konzentrierte Atmosphäre erzeugen?

Ich steuere das nicht bewußt, aber ich finde es schön, wenn eine Arbeit von mir diese Qualität hat. Dies ist vielleicht ein Definitionsansatz für das, was ich mit "stimmig" bezeichne.